Diagnose Krebs ...

Auch diese Seite gehört zum Lauf des Lebens von Michael Weber.

Die Diagnose ist gesprochen: Mantelzell-Lymphom, nachdem sogar „Leukämie“ vermutet wurde.

Es kommt nur bedingt plötzlich, denn Du ahnst, dass es „schlimm“ kommen kann. Zuerst Verdacht auf Leukämie. Der Arzt nennt Dir irgendwelche Abkürzungen. Du meinst begriffen zu haben, was Du als „Laie“ gar nicht verstehen kannst. Besser sind da Deine Frau und die Töchter.

Zuhause greifst zu dem aktuellen und bewährten Mittel: „Googeln!“  Statistiken kannst Du besser verstehen, als die medizinische Aufklärungsversuche. Im Jahr gibt es 2.000 Neuerkranken, meistens Männer zwischen 20-30 und 60-70 Jahren. Und 2017 bist Du einer davon. Es tröstet nicht, aber es ist die Realität.

Als Seelsorger hast Du Kranke im „Endstadium“ begleitet und auch mehrere Traueransprachen für diese Menschen gehalten. Dann hast Du gerne für den tragischen Einbruch im Lebenslauf die Formulierung „ist an einer unheilbaren Krankheit gestorben“ benutzt. Wird Dein Lebenslauf auch so beendet werden am Tag X?

Als Seelsorger gehst Du von dieser Feststellung dann über, die Angehörigen mit einem „Bibelwort“ zu trösten und es für sie persönlich auszulegen.

Nun ist die Lage so, dass Du dich so langsam abfinden musst, dass Du mit einer tödlichen Krankheit leben musst. Und dieser Gedanke verfolgt dich überall: Beim Spazierengehen, beim Essen, beim Fernsehen usw.

Was würdest Du dir wünschen als Gebet? Kurz und knapp: „Herr, mache mich rein!“

Die typischen Fragen tauchen auf:

Warum ich - eigentlich eine dumme Frage, weil Du zurückfragst: Warum nicht ich? Soll es meinen Nachbarn treffen, oder sonst wen?

Langsam wird dir klar:

Du bist nun mittendrin im „Kreis der Betroffenen“. Du gehörst zu denen, die mit einer tödlichen Krankheit leben müssen. Eigentlich ein sprachliches Paradox: Mit einer tödlichen Krankheit leben!

Es ist nicht einfach, zu akzeptieren, dass Du nun mit einer tödlichen Krankheit leben musst.

Du stehst nicht mehr außerhalb als Seelsorger und „betreust“ die im Kreis sind, sozusagen von außen. Du bist mit als Betroffener im Kreis und betrachtest das Leben um dich herum.

Die Lebensperspektive ändert sich langsam. Das Zeitverhältnis ändert sich: Du lebst im Jetzt, nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch.

So langsam läuft die Heilungstherapie an: Ich gewinne Vertrauen in die Ärzte. Meine drei Engel (Frau und die Töchter) begleiten mich rührend. Und dann der behandelnde Arzt (wir durften am 29. September unseren gemeinsamen Namenspatron feiern: Erzengel Michael), der seine ganze Kompetenz aufbietet. Der Therapieplan steht und ich stimme zu.

 

Aber ein Problem steht an: Wie gehst Du als Pfarrer in der Gemeinde mit der Krankheit um? Der „Familienrat“ tagt und es gibt einen einstimmigen Beschluss: Offen darüber reden und keine „Geheimniskrämerei“  daraus machen und womöglich unsachlichem Geschwätz Tür und Tor öffnen. Nach dem Motto: Es ist halt, wie es ist.

Du informierst deine Dienstvorgesetzten, Kollegen, den Kirchenvorstand, die Gemeindekreise.

Dann mache ich eine angenehme Entdeckung: Zahlreiche Menschen sprechen mich ganz offen an und fragen mich: Wie geht es Dir / Ihnen? Andere rufen spontan an. Der angenehmste Trost ist, wenn sie mir sagen: „Ich bete für dich / Sie“. Nein, bitte kein Mit-Leid, denke ich in solchen Fällen. Das kann ich nicht gebrauchen. Aber ein Gebet für mich, ist mir wichtig.

Die Unterstützung durch meine Familie ist sehr liebevoll. Manchmal zu liebevoll, so dass ich ihnen sagen muss, dass es mir zu viel wird. Sie sollen auch ihre eigenen Ziele weiter verfolgen.

Das ist leichter gesagt, als getan.

 

Die Chemotherapie ist angelaufen: Die Ergebnisse sind „alles im grünen Bereich“, wie der Arzt Mut machend sagt. Die anderen Blutwerte sind entsprechend gut (Leber, Nieren usw.) und auf mein Herz ist Verlass. Langsam fallen auch die negativen Werte bei den Leukozyten, die die Verursacher für die tödliche Krankheit sind, mit der ich leben muss. Es ist und bleibt eine chronische Krebserkrankung.

Aber eine Verlängerung für die nächsten 5 bis 10 Jahre ist Dank der medizinischen Fortschritte machbar, sagen die Ärzte.

Ich lege alles in Gottes Hand und die meiner Ärzte!

„Gott mache mich rein!“

 

Breuberg, den 12. Oktober 2017